Sprache ist der Schlüssel zum Herzen der Menschen
Missionare müssen unbedingt die Sprache in ihren Einsatzländern beherrschen – das gab der Gründer der Liebenzeller Mission, Pfarrer Heinrich Coerper, als Grundvoraussetzung für jeden Liebenzeller Missionar vor. Denn die Sprache ist der Schlüssel zum Herzen. Micha Ulmer, seit Frühjahr 2020 Missionar in Bangladesch, hat nun erfolgreich die Bangla-Sprachprüfung bestanden. Dabei hielt der Missionar einen 45-minütigen Fachvortrag vor seinen Kollegen und den Leitern unseres Partnerkirchenverbandes. Er hatte dazu auf Bangla ein Handout, verschiedene interaktive Elemente und seinen Vortrag zum Thema „Charakterbildung als Auftrag der Gemeinde“ vorbereitet, dem sich eine inhaltliche Diskussionsrunde von rund 15 Minuten anschloss. Daraufhin erhielt der Liebenzeller Missionar ein ausführliches Feedback: „Generell gilt, dass neue Missionare zwei Jahre intensiv die Sprache lernen. Zum Abschluss dieser Einstiegsphase findet dann die erwähnte Prüfung statt.“
Bangla unterscheidet sich Micha Ulmer zufolge grammatisch vom Deutschen durch eine andere Anordnung im Satzbau: „Im Deutschen gilt die grundsätzliche Ordnung Subjekt-Prädikat-Objekt. Im Bengalischen dagegen Subjekt-Objekt-Prädikat. Deswegen benötigt es vor allem am Anfang viel Geduld, diese Struktur einzuprägen.“ Besonders war, dass er nie einen offiziellen Sprachkurs belegt hatte, sondern nur mit einem Privatlehrer die Sprache erlernte.
Es ist die explizite Strategie der Liebenzeller Mission in Bangladesch, den Menschen in ihrer Muttersprache zu begegnen. Das Land selbst hat vor rund 50 Jahren einen Unabhängigkeitskrieg geführt, besonders auch für seine Sprache. Die Fähigkeit, in Bangla zu predigen, Mitarbeiter zu fördern und gemeinsam Projekte zu leiten, ist deshalb von wichtiger Bedeutung für die Liebenzeller Missionsarbeit.
Die Sprachprüfung dient vor allem einem Art Initiationsritus: „Nach erfolgreich bestandener Sprachprüfung darf ich offiziell in bestimmten Gremien oder an Sitzungen teilnehmen und dort meine Rolle als Liebenzeller Vertreter ausfüllen.“
Viele internationale Missionare lernen nie richtig die lokale Sprache, weswegen sie nie ganz „ankommen“ und oft jahrelang oder immer mit Übersetzer arbeiten müssen, sagte Daniel Mattmüller, Fachbereichsleiter Afrika, Süd- und Zentralasien. „Für uns als Liebenzeller Mission ist es jedoch eine Grundvoraussetzung, die uns immer wieder von den lokalen Partnern als Besonderheit gespiegelt wird. Sie schätzen, dass unsere Mitarbeiter nicht nur Small Talk, sondern auch predigen, lehren und tiefe Gespräche in der Sprache ihres Herzens führen können.“ An Micha Ulmer schätzt er, dass er selbst dann noch Bangla lernte, als der Visa-Antrag im Einsatzland zuerst mehrfach abgelehnt und eine Rückreise nach Deutschland notwendig wurde sowie eine erneute Ausreise unsicher erschien.