„Es gibt offene Türen in Frankreich“

Debo­ra Fian­goa wuchs in einer Mis­sio­nars­fa­mi­lie in Frank­reich auf und erlern­te dort Ergo­the­ra­peu­tin. Danach stu­dier­te sie an der Inter­kul­tu­rel­len Theo­lo­gi­schen Aka­de­mie. Mitt­ler­wei­le arbei­tet sie selbst als Mis­sio­na­rin in Frank­reich. Was sie dort erlebt, erzählt sie im Interview.

Du bist als Mis­sio­nars­kind in Frank­reich auf­ge­wach­sen, hast dann in Deutsch­land stu­diert und bist nun Mis­sio­na­rin in Frank­reich. Fühlst du dich mehr als Fran­zö­sin oder als Deutsche?
Wenn die Fra­ge lau­ten wür­de „Wo bist du zu Hau­se?“, wäre mei­ne Ant­wort klar Frank­reich. Aber von der Natio­na­li­tät her füh­le mich manch­mal als Fran­zö­sin und manch­mal als Deut­sche. Bei­de Kul­tu­ren zu ken­nen und bei­de Staats­bür­ger­schaf­ten zu haben, ist für mich sehr berei­chernd. Ich konn­te dadurch in Deutsch­land stu­die­ren und jetzt wie­der schnell in die Arbeit in Frank­reich einsteigen.

Zwei Jah­re hast du in der Gemein­de­grün­dung in Lyon mit­ge­ar­bei­tet. Was ist dar­aus geworden?
Die Gemein­de­grün­dung geht wei­ter und die Gemein­de wächst. Ich habe das Team dort unter­stützt und man­che Leu­te mit Kur­sen beglei­tet. Die Auf­ga­ben wie Haus­kreis­lei­tung oder Kurs­be­glei­tung konn­te ich gelas­sen wie­der abge­ben, da es dort Leu­te gibt, die bereit sind, Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men. Ich freue mich schon dar­auf, mal wie­der vor Ort zu sein und zu sehen, was alles gewach­sen ist.

Jetzt bist du in der über­re­gio­na­len Jugend­ar­beit in West­frank­reich im Ein­satz. Was sind dort dei­ne Aufgaben?
Ich wer­de zusam­men mit einem Kol­le­gen die Jugend­lei­ter beglei­ten. Mis­si­on im All­tag liegt mir am Her­zen und soll ein Schwer­punkt sein. Wie kön­nen Jugend­lei­ter die Teens begeis­tern, Mis­si­on im All­tag zu leben? Mei­ne Auf­ga­ben wer­den ganz anders sein als mei­ne bis­he­ri­gen, aber ich freue mich drauf. Ich ken­ne den Jugend­ver­band und habe als Jugend­li­che selbst davon pro­fi­tiert. Es ist schön, wenn ich nun etwas zurück­ge­ben kann.

Du hast vor knapp einem Jahr gehei­ra­tet, nun kannst du end­lich zu dei­nem Mann Fla­vi­en zie­hen. Was macht dein Mann beruflich?
Fla­vi­en kommt aus Mada­gas­kar und hat in sei­ner Hei­mat Medi­zin stu­diert. Seit fünf Jah­ren ist er in Frank­reich. Er arbei­tet als Kin­der­arzt in einem Kran­ken­haus. Gott hat ihm eine beson­de­re Bega­bung für den Umgang mit Kin­dern gege­ben. Es ist schön zu sehen, wie Gott ihn so gebraucht.

Immer wie­der hört man, dass Mis­si­ons­ar­beit in Frank­reich beson­ders her­aus­for­dernd ist. Wür­dest du das auch so sehen?
Ja, sie ist her­aus­for­dernd. Aber ich stel­le es mir mitt­ler­wei­le schwie­ri­ger vor, in Deutsch­land mis­sio­na­risch tätig zu sein. Es gibt offe­ne Türen in Frank­reich. Ich erle­be es so, dass die Gene­ra­ti­on mei­ner Eltern und Groß­el­tern einen gro­ßen Cut mit der Kir­che gemacht hat und allem Reli­giö­sen sehr distan­ziert gegen­über­steht. Die Jün­ge­ren sind nicht in der Kir­che, aber sie sind auch nicht gegen sie. Wenn Jün­ge­re jeman­den ken­nen, der sei­nen Glau­ben begeis­tert lebt, beein­druckt sie das. Das macht neu­gie­rig. Mit dem rich­ti­gen Ansatz, Leu­ten einen Ein­blick ins eige­ne Leben zu geben, kann viel pas­sie­ren. Das ist ermu­ti­gend. Ich bin sehr ger­ne Mis­sio­na­rin in Frank­reich und fin­de die Arbeit inspirierend.

Gibt es eine Begeg­nung in der letz­ten Zeit, die dich beson­ders bewegt hat?
In den letz­ten Wochen war ich im Rei­se­dienst in Deutsch­land unter­wegs, um von mei­ner Arbeit zu berich­ten. Mein Mann hat sich zwei Wochen Urlaub genom­men und war in die­ser Zeit auch mit dabei. Wir waren in einer Gemein­de zu Gast, in der wir noch nie waren. Ein älte­res Ehe­paar, das wir nicht kann­ten, kam auf uns zu und sag­te uns, dass sie jeden Tag für uns beten. So etwas zu hören, ist ultra ermu­ti­gend! Fla­vi­en hat­te manch­mal schon das Gefühl: Ich bete für so vie­le Men­schen in Mada­gas­kar, aber wer betet für mich? Die­ses älte­re Ehe­paar hat ihm und uns bei­den ein­fach sehr gutgetan.

Du willst die Mis­si­ons­ar­beit von Debo­ra mit einer Spen­de unter­stüt­zen? Dann kannst du das über die­sen Link tun.

Dankbarkeit trotz vieler Herausforderungen

Ich bin Anna, 19 Jah­re alt, und im Sep­tem­ber nach Bad Lie­ben­zell ins Hoff­nungs­haus gezo­gen. Davor habe ich mein Abitur absol­viert und mich dann dazu ent­schlos­sen, einen Bun­des­frei­wil­li­gen­dienst (BFD) hier im Hoff­nungs­haus zu machen. Ich fin­de es groß­ar­tig, neue Din­ge erle­ben zu dür­fen und jeden Tag dazu­zu­ler­nen. Es ist beson­ders span­nend, im stän­di­gen Kon­takt mit unter­schied­li­chen Kul­tu­ren zu stehen.

Zu Beginn war es unge­wohnt und her­aus­for­dernd, da ich zuvor nicht viel mit Aus­län­dern zu tun hat­te. Aber in den letz­ten drei Mona­ten habe ich eini­ge Men­schen aus unter­schied­li­chen Kul­tu­ren, vor allem dem Nahen Osten, ken­nen­ge­lernt. Es ist jedes Mal fas­zi­nie­rend, die Unter­schie­de zur deut­schen Kul­tur zu ent­de­cken. Beson­ders inter­es­sant fin­de ich zum Bei­spiel die Ess­ge­wohn­hei­ten. Wird man zum Essen ein­ge­la­den, weiß man nie, was einen erwar­tet. Für mich war es bis­her immer eine Über­ra­schung, da ich vie­le Gerich­te nicht ken­ne, aber auch je nach­dem auf dem Boden geges­sen wird oder mit den Hän­den. Das ist im ers­ten Moment unge­wohnt, aber ich freue mich jedes Mal, sol­che Erfah­run­gen sam­meln zu dür­fen und mit in die Kul­tur auf­ge­nom­men zu wer­den. Wich­tig ist immer, mit einer Offen­heit auf die Men­schen zuzu­ge­hen und sich auf neue, unge­wohn­te Din­ge einzulassen.

Wäh­rend mei­ner Zeit hier ler­ne ich, wel­che Pro­ble­me und Her­aus­for­de­run­gen die Immi­gran­ten in Deutsch­land haben, die auf den ers­ten Blick viel­leicht nicht sicht­bar sind. Die Arbeits­su­che/-erlaub­nis, Woh­nungs­su­che und beson­ders Kon­tak­te zu deut­schen Mit­men­schen knüp­fen ist schwie­rig, vor allem wenn das alles mit der deut­schen Spra­che zusam­men­hängt. Ich ver­su­che des­halb die Immi­gran­ten bei ver­schie­dens­ten Pro­ble­men zu unter­stüt­zen, meis­tens beim Deutschlernen.

Ich ler­ne auch immer mehr, mich in die Leu­te hin­ein­zu­ver­set­zen, vor allem wenn ich selbst mit der Migra­ti­ons­bü­ro­kra­tie kon­fron­tiert bin, obwohl ich selbst noch nicht viel Ahnung habe oder wenn ich mich in einer Grup­pe wie­der­fin­de, in der alle die glei­che Spra­che spre­chen nur ich nicht.
Kom­mu­ni­ka­ti­on gestal­tet sich oft schwie­rig, nicht nur wegen der deut­schen Spra­che, son­dern auch wegen des Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stils. In vie­len Kul­tu­ren wer­den Din­ge nicht direkt ange­spro­chen, son­dern indi­rekt mit­ge­teilt. Für mich ist es immer wie­der eine Her­aus­for­de­rung, ande­re zu ver­ste­hen und selbst ver­stan­den zu wer­den. Es ent­ste­hen zwar häu­fig Miss­ver­ständ­nis­se, gleich­zei­tig erge­ben sich dann aber auch lus­ti­ge Situa­tio­nen über die gemein­sam gelacht und dazu­ge­lernt wird.

Neben der Arbeit mit den Erwach­se­nen nimmt auch die Kin­der­be­treu­ung einen gro­ßen Teil mei­ner Zeit ein. Es gibt Haus­auf­ga­ben­be­treu­ung und Nach­hil­fe für die Kin­der, aber auch krea­ti­ve Nach­mit­ta­ge mit Malen, Backen und Spie­len. Hier habe ich die Mög­lich­keit, krea­ti­ve Ideen ein­zu­brin­gen und mei­ne päd­ago­gi­schen Fähig­kei­ten zu verbessern.

Es moti­viert mich jeden Tag, mich für ande­re ein­set­zen zu kön­nen, da man so viel Dank­bar­keit zurück­be­kommt. Ich freue mich schon auf die nächs­ten Mona­te und bin gespannt, wel­che wert­vol­len Erfah­run­gen noch auf mich warten.