Eine Chance auf Zukunft

BANGLADESCH. Shan­to* ist sechs Jah­re alt. Sei­ne ers­ten Lebens­jah­re waren sehr schwer. Shan­tos Mut­ter hat die Fami­lie kurz nach sei­ner Geburt ver­las­sen und einen ande­ren Mann gehei­ra­tet; zu ihr besteht kein Kon­takt mehr. In der Fami­lie und Ehe gab es vie­le Kon­flik­te, auch wegen der ver­mu­te­ten Spiel­sucht des Vaters. Bis heu­te ver­kraf­tet Shan­tos Vater die Tren­nung nur schwer. Er ver­sucht, sich als Tage­löh­ner über Was­ser zu hal­ten. Da er weder finan­zi­ell noch psy­chisch in der Lage ist, sich ange­mes­sen um sei­nen Sohn zu küm­mern, lebt Shan­to bei sei­ner Groß­mutter. Doch sie ist auf­grund ihres Alters und ihrer Armut nicht imstan­de, für ihren Enkel zu sorgen.

Gemein­sam mit dem Pro­jekt­lei­ter des Kin­der­dor­fes besu­che ich (Micha) den schüch­ter­nen Jun­gen, um sei­ne Auf­nah­me in unse­rem Inter­nat zu prü­fen. Zu Shan­tos Oma führt nur ein schma­ler Pfad, der in der Regen­zeit oft unpas­sier­bar ist. Das Haus ist aus ein­fa­chen Bret­tern und Blech gebaut und in einem sehr schlech­ten Zustand. Für uns ist schnell klar: Shan­to hat hier kei­ne Zukunft. Wenn wir ihn nicht auf­neh­men, wird er wahr­schein­lich zu ent­fern­ten Ver­wand­ten kom­men und immer wei­ter­ge­reicht wer­den. In weni­gen Minu­ten klä­ren wir die Formalitäten.

Als Shan­to schließ­lich im Kin­der­dorf in Khul­na ankommt, ist sein Vater sicht­lich dank­bar. Den­noch hält er seit­dem nur wenig Kon­takt zu sei­nem Sohn. Shan­to ver­misst sei­nen Vater und sei­ne Mut­ter oft. Wir bemü­hen uns, ihm ein Umfeld zu bie­ten, in dem er sich gebor­gen füh­len und sich gut ent­wi­ckeln kann. Unter­stützt du uns dabei, dass wir Kin­dern wie Shan­to eine Per­spek­ti­ve für ihr Leben geben können?
Micha & Kat­rin Ulmer

* Name geändert

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Bewegender Nachruf aus Papua-Neuguinea

Am 4. Janu­ar 2024 ist Schwes­ter Anne­lie­se Jeh­le im Alter von 87 Jah­ren ver­stor­ben. Von 1978–2000 war sie als Mis­sio­na­rin in Papua-Neu­gui­nea (PNG) im Ein­satz. Auch vie­le Jahr­zehn­te spä­ter erin­nern sich die Men­schen noch vol­ler Dank­bar­keit an sie. Stell­ver­tre­tend für die vie­len Mis­si­ons­schwes­tern, die welt­weit im Ein­satz waren, ver­öf­fent­li­chen wir hier den Nach­ruf eini­ger Weg­ge­fähr­ten von Schwes­ter Anne­lie­se aus PNG:

Wir, die Chris­ten vor Ort sowie die Leh­rer und Schü­ler der Män­ner- und Mäd­chen­bi­bel­schu­le in Angug­a­nak, Pro­vinz West Sepik, Papua-Neu­gui­nea, dan­ken Gott für das Leben unse­rer lie­ben Schwes­ter und Freun­din, Schwes­ter Anne­lie­se Jeh­le. Wir dan­ken dem Herrn und der Lie­ben­zel­ler Mis­si­on, dass sie uns einen so wun­der­ba­ren Men­schen geschickt haben.

Unser heu­ti­ges Leben hat sich durch ihre Zeit hier in Papua-Neu­gui­nea ver­än­dert und ist geseg­net wor­den. Sie hat uns gezeigt, was es bedeu­tet, ein demü­ti­ger, hin­ge­bungs­vol­ler Die­ner unse­res Herrn Jesus Chris­tus zu sein. Schwes­ter Anne­lie­ses ruhi­ge, beschei­de­ne Art und ihre auf­rich­ti­ge Lie­be zu jedem ein­zel­nen von uns zeig­ten uns den Cha­rak­ter unse­res Herrn Jesus Chris­tus, den sie so sehr lieb­te und dem sie so gut diente.

Schwes­ter Anne­lie­se kam 1994 zusam­men mit Schwes­ter Han­na Bär zum ers­ten Mal nach Angug­a­nak und gemein­sam lei­te­ten sie einen neun­wö­chi­gen Schnup­per­kurs der Mäd­chen­bi­bel­schu­le. Der vol­le Kurs von sechs Mona­ten über zwei Jah­re begann 1995. Eine PNG-Schwes­ter aus dem Hoch­land, Gina Iba­lu, schloss sich ihnen bei der Arbeit an. Die Mäd­chen­bi­bel­schu­le wird auch heu­te noch hier in Angug­a­nak mit ein­hei­mi­schen Leh­rern unter der Lei­tung von Schwes­ter Mar­ga­ret Kapan betrieben.

Zwei der Absol­ven­tin­nen aus dem Hoch­land aus Anne­lie­ses Zeit, Moni­ca Ipan­da und Eve­lyn Alen­do, kehr­ten in ihre Hei­mat ins Hoch­land zurück und grün­de­ten eine Mäd­chen­bi­bel­schu­le, die auf ihren Erfah­run­gen mit Schwes­ter Anne­lie­se und Schwes­ter Han­na auf­baut. Auch die­se Mäd­chen­bi­bel­schu­le wird wei­ter­ge­führt. Ein orts­an­säs­si­ges Ehe­paar, Suyak und Apol­los, waren treue Mit­ar­bei­ter und beson­de­re Freun­de von Schwes­ter Anne­lie­se, und sie haben uns in den letz­ten Tagen eini­ge ihrer Erfah­run­gen mitgeteilt.

Schwes­ter Anne­lie­se war eine beson­de­re Freun­din der Leh­rer und Stu­den­ten, ihrer Frau­en und Fami­li­en in der halb­jäh­ri­gen Män­ner­bi­bel­schu­le. Sie unter­rich­te­te die Ehe­frau­en der Bibel­schü­ler und gab am Nach­mit­tag ihre Näh­kennt­nis­se an die Ehe­frau­en wei­ter. Vie­le der Ehe­frau­en der Bibel­schü­ler gaben nach ihrer Rück­kehr in ihre Dör­fer die­se sehr prak­ti­sche und hilf­rei­che Fer­tig­keit sowie die Leh­ren aus der Bibel an die Frau­en in ihren Dör­fern weiter.
Vie­le der Mäd­chen, deren Leben durch das Leben von Schwes­ter Anne­lie­se beein­flusst wur­de, wer­den auf­grund der Abge­schie­den­heit der Orte, in denen sie leben, erst nach eini­ger Zeit von ihrer Ankunft im Him­mel erfah­ren. Die Nach­richt von ihrem Tod wird sie, wie uns alle, trau­rig machen. Das grö­ße­re Gefühl, das sie emp­fin­den wer­den, wie auch wir, ist die Dank­bar­keit gegen­über dem Herrn für das Leben einer so wun­der­ba­ren Schwes­ter, Leh­re­rin und Freundin.
Wir hier in Papua-Neu­gui­nea prei­sen den Herrn und geben Gott die Ehre für das Leben unse­rer lie­ben Schwes­ter Anne­lie­se Jeh­le. Wir den­ken, dass sie bei ihrer Ankunft im Him­mel am 4. Janu­ar von unse­rem Herrn Jesus Chris­tus selbst begrüßt wur­de mit den Wor­ten: „Gut gemacht, gute und treue Die­ne­rin, geh ein in die Freu­de dei­nes Herrn.“

Mar­ga­ret Kapan (Lei­te­rin der Mäd­chen­bi­bel­schu­le)
Des­mond San­mai (Bezirks­pas­tor von Angug­a­nak)
Law­rence Yawi­ni und Timo­thy Sua­fia (Leh­rer der Män­ner­bi­bel­schu­le)
Grae­me Erb (Mis­si­ons­kol­le­ge und Freund von Anne­lie­se)

Sprache ist der Schlüssel zum Herzen der Menschen

Mis­sio­na­re müs­sen unbe­dingt die Spra­che in ihren Ein­satz­län­dern beherr­schen – das gab der Grün­der der Lie­ben­zel­ler Mis­si­on, Pfar­rer Hein­rich Coer­per, als Grund­vor­aus­set­zung für jeden Lie­ben­zel­ler Mis­sio­nar vor. Denn die Spra­che ist der Schlüs­sel zum Her­zen. Micha Ulmer, seit Früh­jahr 2020 Mis­sio­nar in Ban­gla­desch, hat nun erfolg­reich die Ban­g­la-Sprach­prü­fung bestan­den. Dabei hielt der Mis­sio­nar einen 45-minü­ti­gen Fach­vor­trag vor sei­nen Kol­le­gen und den Lei­tern unse­res Part­ner­kir­chen­ver­ban­des. Er hat­te dazu auf Ban­g­la ein Hand­out, ver­schie­de­ne inter­ak­ti­ve Ele­men­te und sei­nen Vor­trag zum The­ma „Cha­rak­ter­bil­dung als Auf­trag der Gemein­de“ vor­be­rei­tet, dem sich eine inhalt­li­che Dis­kus­si­ons­run­de von rund 15 Minu­ten anschloss. Dar­auf­hin erhielt der Lie­ben­zel­ler Mis­sio­nar ein aus­führ­li­ches Feed­back: „Gene­rell gilt, dass neue Mis­sio­na­re zwei Jah­re inten­siv die Spra­che ler­nen. Zum Abschluss die­ser Ein­stiegs­pha­se fin­det dann die erwähn­te Prü­fung statt.“

Ban­g­la unter­schei­det sich Micha Ulmer zufol­ge gram­ma­tisch vom Deut­schen durch eine ande­re Anord­nung im Satz­bau: „Im Deut­schen gilt die grund­sätz­li­che Ord­nung Sub­jekt-Prä­di­kat-Objekt. Im Ben­ga­li­schen dage­gen Sub­jekt-Objekt-Prä­di­kat. Des­we­gen benö­tigt es vor allem am Anfang viel Geduld, die­se Struk­tur ein­zu­prä­gen.“ Beson­ders war, dass er nie einen offi­zi­el­len Sprach­kurs belegt hat­te, son­dern nur mit einem Pri­vat­leh­rer die Spra­che erlernte.
Es ist die expli­zi­te Stra­te­gie der Lie­ben­zel­ler Mis­si­on in Ban­gla­desch, den Men­schen in ihrer Mut­ter­spra­che zu begeg­nen. Das Land selbst hat vor rund 50 Jah­ren einen Unab­hän­gig­keits­krieg geführt, beson­ders auch für sei­ne Spra­che. Die Fähig­keit, in Ban­g­la zu pre­di­gen, Mit­ar­bei­ter zu för­dern und gemein­sam Pro­jek­te zu lei­ten, ist des­halb von wich­ti­ger Bedeu­tung für die Lie­ben­zel­ler Missionsarbeit.

Die Sprach­prü­fung dient vor allem einem Art Initia­ti­ons­ri­tus: „Nach erfolg­reich bestan­de­ner Sprach­prü­fung darf ich offi­zi­ell in bestimm­ten Gre­mi­en oder an Sit­zun­gen teil­neh­men und dort mei­ne Rol­le als Lie­ben­zel­ler Ver­tre­ter ausfüllen.“

Vie­le inter­na­tio­na­le Mis­sio­na­re ler­nen nie rich­tig die loka­le Spra­che, wes­we­gen sie nie ganz „ankom­men“ und oft jah­re­lang oder immer mit Über­set­zer arbei­ten müs­sen, sag­te Dani­el Matt­mül­ler, Fach­be­reichs­lei­ter Afri­ka, Süd- und Zen­tral­asi­en. „Für uns als Lie­ben­zel­ler Mis­si­on ist es jedoch eine Grund­vor­aus­set­zung, die uns immer wie­der von den loka­len Part­nern als Beson­der­heit gespie­gelt wird. Sie schät­zen, dass unse­re Mit­ar­bei­ter nicht nur Small Talk, son­dern auch pre­di­gen, leh­ren und tie­fe Gesprä­che in der Spra­che ihres Her­zens füh­ren kön­nen.“ An Micha Ulmer schätzt er, dass er selbst dann noch Ban­g­la lern­te, als der Visa-Antrag im Ein­satz­land zuerst mehr­fach abge­lehnt und eine Rück­rei­se nach Deutsch­land not­wen­dig wur­de sowie eine erneu­te Aus­rei­se unsi­cher erschien.