Seit Januar 2020 arbeitet Anna Marasco in der „Oase“ in Neubrandenburg, einem sozial-missionarischen Projekt der Liebenzeller Mission. Davor hat sie an der Internationalen Hochschule Liebenzell Theologie und Soziale Arbeit im interkulturellen Kontext studiert. Sie ist mit Adriano verheiratet, der sich ehrenamtlich in der Oase einbringt. Derzeit ist Anna in Süddeutschland unterwegs, um von ihrer Arbeit zu berichten. Wir haben ihr einige Fragen gestellt.
Was würdest du sagen, ist das Besondere an der Oase?
Dass es ein Ort ist, an dem Menschen sich begegnen können und Raum geschaffen wird, wo sie auch Gott begegnen können. In einem areligiösen Umfeld die Chance zu haben, von Jesus zu hören, ist gerade für Kinder und Jugendliche etwas ganz Besonderes. Außerdem würde ich sagen, ist auch unsere coole Gemeinschaft und schöne Atmosphäre etwas Besonderes ist.
Welche Angebote gibt es bei euch alles?
Montags gehen wir mit „Oase Kick“ Fußball spielen. Für die 6–12-Jährigen ist am Dienstag „Oase Kids“. Das ist wie Jungschar, nur etwas chaotischer. Jeden Mittwoch gibt es das „Oase Frühstück“. Hier bekommen die Menschen zu einem günstigen Preis ein leckeres Frühstück und hören einen kurzen Impuls. Außerdem ist an dem Tag die „Offene Oase“ mit der Möglichkeit zu Gesprächen, Tischtennis-Spielen oder Bällebad für die Kleinsten. Donnerstags kommen die 0–6‑Jährigen mit ihren Mamas und Papas oder Omas zu den „Oase Krabbelkäfern“ und nutzen gerne auch unseren Indoorspielplatz. Am Freitag ist jeweils unser Teenprogramm für die Mädels und die Jungs. Sonntags feiern wir alle zwei Wochen gemeinsam Gottesdienst.
Bei der „Schatzsuche im Viertel“ lassen wir uns als Mitarbeiterteam von Gott Orte zeigen, wo wir mit Menschen ins Gespräch kommen können. Ihnen sagen wir dann, dass sie ein Schatz sind, den Gott ausgesucht hat. Viele sind für Gebete offen. Der Schritt, selbst in die Oase zu kommen, ist aber weit.
Mehrmals im Jahr gibt es Gebetsabende. Mittlerweile haben wir auch diverse Kooperationen mit anderen Organisationen, Netzwerken oder Verbänden begonnen. Die Kontakte zu städtischen Akteuren helfen uns. Kürzlich hat zum Beispiel das Jobcenter eine Veranstaltung in unseren Räumen angeboten.
In Neubrandenburg haben viele Menschen gar keinen Zugang zum christlichen Glauben. Ihnen fehlen oft einfach die Berührungspunkte, oder?
Der Sozialismus der DDR hat den Menschen den Glauben ausgeredet. Gläubige Menschen hatten Nachteile. Manchmal fühlt es sich so an, als sei Gott hier tot. Die Menschen sind hier in der Regel nicht atheistisch, sondern areligiös. Atheisten haben sich mit dem Glauben auseinandergesetzt und gehen auf Konfrontation. Areligöse Menschen stellen gar keine Fragen. Die Vorstellung, dass es einen Gott geben könnte, ist nicht möglich.
Ihr seid nicht nur ein Sozialprojekt, sondern eine Gemeinde. Schätzen das die Menschen?
Es gibt beides und das darf auch so sein. Ich freue mich, wenn wir Räume bieten können, in denen Menschen wertgeschätzt sind. Die Leute sehen, wie wir miteinander umgehen. Dass bei uns nicht gelästert wird und wir einander anerkennen. Das schätzen sie sehr. Dass Menschen zum Glauben finden, ist manchmal ein ultralanger Weg. Eine Frau ist fünf Jahre lang zu den nicht-geistlichen Angeboten zu uns gekommen. Erst dann hat sie sich auch für unsere Gemeinde-Angebote und für Gott interessiert. Unsere Gemeinde soll ganz bewusst für die Menschen sein. Wenn sie zum Glauben finden, braucht es auch einen Ort, an dem sie hingehen können, so wie sie sind.
Was begeistert dich an deinem Job und was fordert dich heraus?
Was ich an meiner Arbeit liebe, ist die Kombination aus Theologie und Sozialer Arbeit. Deshalb bin ich hier. Ich habe ein Herz für Sozialarbeit und kann hier gleichzeitig authentisch meinen Glauben bekennen. Die Vielseitigkeit der Arbeit passt auch zu meinem Typ.
Was mich herausfordert sind die Rückschläge, die es immer wieder gibt. Geistliches Wachstum braucht hier sehr lange. Ich nehme viele seelische Verletzungen bei den Menschen hier wahr. Wenn die Seele nicht wächst, kann auch das Geistliche nicht wachsen. Viele Menschen brauchen hier zunächst einmal therapeutische Hilfe oder Traumabewältigung. Sie wachsen in einem Umfeld zerbrochener Beziehungen, Alkohol und Drogen auf. Da rauszukommen, ist schwierig. Ich beschreibe es immer so: Gott kann mit einem Fingerschnipsen eine 180-Grad-Wende bei Menschen bewirken. Aber bei seelischen Herausforderungen ist das nicht seine Art. Die Seele würde sonst vielleicht auch nicht mitkommen. Aber Gott hat diese Zeit. Er nimmt sich Zeit für unsere Herzen.
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